Flugpreiserstattung nach Annullierung und kein Ende in Sicht. Weiterhin zieren sich viele Airlines, fällige Erstattungen in der vorgesehenen Frist von einer Woche vorzunehmen. Neue Urteile dazu machen Mut.
Erstattungsanspruch bei Buchung über OTA
Ein echter Klassiker seit Ausbruch der Corona- Pandemie ist die Frage, an wen man sich als Passagier wenden muss, wenn man nicht über die Airline direkt gebucht hat sondern über eine Online Travel Agency (OTA) wie Expedia, Travelgenio etc. Viele Airlines verweisen beharrlich an den Reisevermittler, obwohl der Anspruch auf Erstattung des Flugpreises bei Annullierung des Fluges durch die Airline in der EU Fluggastrechteverordnung EU 261/2004 ganz klar geregelt ist: Der Anspruch auf Erstattung besteht gegen die Airline und nicht den Vermittler. Entsprechend hat man sich als Passagier auch nicht an den Vermittler verweisen zu lassen, sondern kann die Erstattung des Flugpreises direkt bei der Airline geltend machen.
Viele Airlines haben die Erstattung in der Vergangenheit mit dem Verweis auf den Buchungskanal abgelehnt und an den Reisevermittler verwiesen. Gleichzeitig haben dieselben Airlines das bestehende Abrechnungssystem mit den Reiseagenturen deaktiviert, so dass die automatisierte Erstattung gar nicht mehr möglich war. Die Rechtslage hierzu hatte ich bereits in einem Artikel zusammengefasst (Flug annulliert wegen Corona? Airlines müssen erstatten).
Nun hat Eurowings vor dem LG Düsseldorf eine Einstweilige Verfügung kassiert, die es der Airline untersagt, für die Erstattung von annullierten Flügen an eine OTA zu verweisen. Das Verfahren war von der sehr aktiven Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen initiiert worden, die Eurowings zunächst abgemahnt und dann verklagt hatte.
Eurowings scheint die Message des Gerichts noch nicht gelernt zu haben, verbreitet man doch nun, Kunden müssten länger auf Erstattungen warten, weil man nun nicht mehr über Reisebüros erstatten dürfe sondern nur noch direkt an den Kunden. Das ist natürlich Unsinn. Es darf auch weiterhin über das Reisebüro erstattet werden – es darf nur der Passagier nicht rechtswidrig an das Reisebüro verwiesen werden, wenn er eine Erstattung von der Airline fordert (Az. 12 O 160/20).
Flugpreisdifferenz für Umbuchung nach Annullierung
Das zweite Urteil betrifft ebenfalls einen Klassiker: die Praxis mancher Airlines, bei Umbuchung nach einer Annullierung durch die Airline eine Flugpreisdifferenz vom Passagier zu verlangen.
Die Idee hinter dieser Praxis ist die folgende: Der Passagier hat z.B. für 800 Euro einen Flug von Frankfurt nach New York für den 01.07. gebucht, der aufgrund von Reisebeschränkungen von der Airline annulliert wird. Statt den Flugpreis zurückzufordern, macht der Passagier von seinem Recht auf Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt nach Artikel 8 der Fluggastrechteverordnung Gebrauch und möchte nun am 18.12. fliegen. Für den Termin sind auch Flüge verfügbar, doch kosten diese nun 900 Euro. Die Airline berechnet dem Passagier also die Differenz von 100 Euro.
Diese Praxis ist rechtswidrig. Der Passagier hat Anspruch auf Beförderung in der gleichen Reiseklasse zu einem späteren Zeitpunkt seiner Wahl ohne Aufpreis. Eine entsprechende Einstweilige Verfügung gegen die Lufthansa aus dem Mai 2020 ist mit Urteil vom 22.09.20 (Az. 31 O 85/20) vom LG Köln bestätigt worden.
Man muss dabei bedenken, dass sich die Differenzen bei einem Economy- Ticket vielleicht „nur“ im zweistelligen Bereich bewegen. Bei einem First Class- Ticket hatte die Lufthansa dagegen in einem Fall offenbar gar eine Differenz von 3000 Euro eingefordert…
„Erstattung erfolgt nach Ende der Pandemie“
Das größte Ärgernis bei der Erstattung des Flugpreises bei annullierten Flügen ist aber die Verzögerungstaktik vieler Airlines, die den Anspruch zwar dem Grunde nach anerkennen, aber um Verständnis bitten, dass die Bearbeitung so vieler Erstattungsanträge im Rahmen der Pandemie einfach seine Zeit benötigt.
Tatsächlich konnte man dafür gerade in den ersten Wochen und Monaten der Pandemie, als Tausende von Flügen gecancelt werden mussten und die Airlines vollkommen unvorbereitet mit dieser Flut fertig werden mussten, Verständnis aufbringen, doch inzwischen sind sieben Monate vergangen und die Airlines hatten nicht nur Zeit, die organisatorischen Abläufe anzupassen sondern inzwischen aufgrund großzügiger staatlicher Beihilfen in Milliardenhöhe auch das Geld, die Schulden bei den Kunden zurückzuzahlen.
Trotzdem warten Passagiere teilweise seit Monaten immer noch auf die Rückerstattung ihrer durch die Airline stornierten Flüge. Auf die Spitze getrieben hatte es der Billigflieger Ryanair, der Kunden, die sich nicht mit einem Gutschein zufrieden geben wollten, auf der eigenen Webseite lapidar mit dem Hinweis abspeiste, die Erstattung werde „nach Ende der Krise“ erfolgen – wann immer das sein möge.
Dies steht im offensichtlichen Gegensatz zu der recht eindeutigen Frist von einer Woche, innerhalb der laut Fluggastrechteverordnung Erstattungen auszuführen sind. Die fällige Einstweilige Verfügung des LG Bonn (Az. 1 O 175/20) hat Ryanair zwischenzeitlich anerkannt.
Erstattungen nach Annullierung: neue Urteile – Fazit
Auch über ein halbes Jahr nach Beginn der Pandemie tun sich viele Airlines schwer mit der Erstattung von stornierten Flügen. Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes ist in den meisten Fällen ein Beschleuniger.
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