Die Philosophie des Loungerocking

Kennt ihr das? Ihr kommt aus Asien oder den USA zurück nach Europa und sitzt nach einem zehnstündigen Interkontinentalflug stundenlang an irgendeinem gottverdammten Airport und schlagt die Zeit tot, weil euer Anschlussflug zu eurem Heimatflughafen erst in drei, vier oder noch mehr Stunden geht.

Oder ihr sitzt eine gefühlte Ewigkeit irgendwo in der Wüste, weil ihr euch für das preislich verlockende Angebot mit längerem Layover in Bahrain, Abu Dhabi, Katar oder sonstwo entschieden habt.

Ihr seid müde, sehnt euch nach einer Dusche und freut euch eigentlich nur noch auf euer Bett. Stattdessen sitzt ihr in unbequemen Hartplastikschalen oder (wie z.B. in Helsinki regelmäßig) auf dem Fußboden, weil die viel zu wenigen Sitzplätze alle belegt sind.

Ihr habt Durst, aber wollt keine 3,50 Euro für eine kleine Flasche stilles Mineralwasser zahlen und die Sandwiches an dem kleinen Bäcker- Kiosk neben dem Gate sehen zwar lecker aus, aber 8,50 Euro für ein Käsebrötchen…??

Willkommen in der Welt der Budgetreisenden.

Die Lösung für all diese Probleme sind Lounges, die es zuhauf an jedem größeren Regional- Airport gibt und die nicht einmal extra kosten, wenn man die richtige Kreditkarte hat.

Was für Lounges gibt es und was bieten die?

Im Großen und Ganzen gibt es zwei Sorten von Lounges: die Airline- Lounges und die freien Vertragslounges.

Viele Airlines betreiben mindestens an den eigenen Hubs eigene Lounges; oft gibt es auch in wichtigen Zielländern eigene Lounges der großen Fluggesellschaften. Diese haben oft den Hauch der Exklusivität, weil sie z.B. nur für Business- oder First Class- Reisende oder Statusinhaber der Airline offen sind.

Daneben gibt es auch Vertrags- Lounges von freien Betreibern, die Zugang gegen Bezahlung gewähren. Letztere haben oft Rahmenverträge mit Unternehmen wie Priority Pass oder Dragon Pass, so dass Inhaber solcher Pässe verbilligt oder sogar gänzlich kostenlos die Lounges nutzen dürfen.

Vertrags- Lounges haben meist ein vergleichbares Angebot an Annehmlichkeiten, das mindestens folgendes umfasst:

  • Auswahl an kalten und warmen Speisen
  • Snack- Angebot (z.B. Nüsse, Cracker, Schokolade o.ä.)
  • Kalte Softdrinks und alkoholische Getränke (in einigen Ländern ist die alkoholische Getränkeauswahl eingeschränkt)
  • Kaffee- und Tee- Spezialitäten
  • Kostenloses Wifi, Power- Stations/Ladestationen, Arbeitsplätze
  • Zeitungen und Zeitschriften
  • Meistens Duschen inklusive Handtücher und Amenities
  • Meistens Fluginformationen auf Bildschirmen, teilweise werden Flüge aufgerufen
  • Lounge- Möbel, gelegentlich auch Schlafsessel

Erläuterungen

Bei über 1200 Lounges weltweit ist klar, dass die Standards nicht komplett einheitlich sein können (ist ja nicht Mc Donald’s).

So gibt es viele regionale Besonderheiten. In einigen islamischen, aber auch skandinavischen Ländern ist der Zugang zu Alkohol zu bestimmten Tageszeiten oder gänzlich eingeschränkt oder Spirituosen sind kostenpflichtig. In Singapur gibt es z.B. nach Mitternacht keinen Schnaps mehr, in Skandinavien ist Alkohol wegen der hohen Preise kostenpflichtig. Während des Ramadan gibt es in islamischen Ländern gar keinen Alkohol.

Auch beim Umfang des Angebots an warmen Speisen gibt es regionale Unterschiede. Ausgerechnet in Deutschland ist das Angebot hier oft sehr mickrig. Dafür gibt es hierzulande oft üppige Frühstücksbuffets. Da ich in Deutschland meistens am frühen Nachmittag abfliege, kann ich zum Umfang des warmen Buffets wenig sagen. In Asien hingegen, wo rund um die Uhr warm gegessen wird, sind immer mehrere warme Gerichte (oft gebratene Nudeln oder Curry mit Reis), meist aber vor allem Sattmacher und nicht unbedingt Bocuse.

Am augenscheinlichsten ist der Unterschied zwischen Lounges zumeist anhand des Mobiliars. Fast überall gibt es Lounge- Sessel, doch bei Gemütlichkeit und Style gibt es mitunter deutliche Abstufungen. Ob man in einer Lounge Blick aufs Rollfeld hat oder in einer fensterlosen Lounge sitzt, spielt für mich zwar keine riesige Rolle, aber ich kenne Menschen, die aus fensterlosen Räumen gleich rückwärts wieder rausgehen.

Die Aufenthaltsdauer ist in der Regel auf drei Stunden begrenzt.

Preise für Lounge- Zutritt

Oman Air Lounge Bangkok

Oman Air Lounge Bangkok

Während ihr in den allermeisten Airline- Lounges keinen Zutritt habt, wenn ihr nicht Business oder First fliegt oder Inhaber eines Vielfliegerstatus bei der Airline oder einer Allianz seid, könnt ihr euch in Vertrags- Lounges den Zugang mit einem „Eintrittsgeld“ erkaufen. Wer besonders viel fliegt und an Flughäfen unterwegs ist, für den lohnen sich Lounge- Pässe wie der Priority Pass mit Zugang zu über 1200 Lounges weltweit oder der Dragon Pass.

Wer zum Beispiel eine Weltreise für ein Jahr macht, weiß bereits, dass er im nächsten Jahr viel Wartezeit an Flughäfen verbringen wird. Für diese Klientel so wie auch für Digitale Nomaden oder sonstige Vielflieger rentieren sich Pässe mindestens befristet, insbesondere wenn sie als inklusiver Benefit z. B. einer Kreditkarte daherkommen.

Wir schauen uns daher gleich mal die verschiedenen Pässe und die Wege dahin an. Kann man sich nicht für einen der Pässe entscheiden, sind die Kosten für einzelne Lounge- Zugänge relativ hoch (ca. 30 Euro pro Person/Aufenthalt je nach Standort natürlich).

Gerade in der Diskussion mit Low Budget- Travellern und Backpackern kommt immer wieder die Frage auf „Ist das nicht versnobbt?“

Kann schon sein, wobei das Publikum in den Vertrags- Lounges längst von „normalen Menschen“ dominiert wird. Aber ein Lounge- Pass ist natürlich die perfekte Ergänzung zum Billigflieger, weil man die Defizite von Billigfliegern dadurch abfedert, dass man sich vor dem Flug mit Ryanair oder Air Asia satt isst, ausreichend trinkt und sich vielleicht auch noch eine Flasche Wasser für den Flug einsteckt. Auch nach einem Langstreckenflug mit Eurowings ohne Essen und bei geringer Beinfreiheit ist eine Dusche und ein ordentliches Frühstück beim Warten auf den Anschlussflug Gold wert.